Vollkommenheit II
© Bernd Helge Fritsch
Alle Menschen wollen glücklich sein
Alle Menschen wollen glücklich sein. Es entspricht dies einem natürlichen Verlangen,
weil Glückseligkeit unser ur-eigentliches Wesen ist.
Unser Glück erwarten wir vorzüglich von Ereignissen, Besitztümern oder von Personen,
die uns Freude bereiten sollen. Doch solche Freuden erweisen sich als ziemlich unverlässlich.
Sie kommen und gehen. Sie sind abhängig von unseren Vorlieben und Bewertungen. Das
zeigt sich zum Beispiel gut bei zwischenmenschlichen Beziehungen, die einmal himmlisch
und dann wieder problembeladen sein können.
Probleme entstehen durch unser Denken
"Probleme existieren nie außerhalb von mir - Das Problem bin immer ich selbst!"
Das Problem ist immer mein Ego. Dieses Ego beruht auf Gedanken, die sich meist ungerufen
in unserem Gehirn breit machen und uns gar nicht selten tyrannisieren.
Wie mächtig dieser Denkzwang ist, zeigt sich, wenn wir beim Meditieren versuchen
unser Denken zu stoppen und in die Stille zu gehen. Schnell bemerken wir dabei, wie
sehr wir Sklaven unserer Gedanken sind. Der Eindruck entsteht, nicht wir denken,
sondern wir werden gedacht.
Tatsächlich denkt nicht unser Gehirn. Sondern wie unser Handy Worte und Bilder nur
vermittelt aber nicht produziert, so dient unser Gehirn nur dazu, Gedanken "sichtbar"
zu machen.
Denken bedeutet Dinge und Geschehnisse, die wir durch unsere Sinne wahrnehmen, voneinander
zu unterscheiden. Anders gesagt: Durch den Denkvorgang erscheint für unsere Wahrnehmung
das überirdische "Eine" aufgesplittert in die Vielfalt des Universums. Erst durch
unser Denken erhalten unsere Sinneswahrnehmungen ihren Sinn.
Mehr oder minder automatisch bewerten wir unsere Wahrnehmungen als "wichtig oder
unwichtig", als "erfreulich oder unerfreulich", als "gut oder schlecht". Auf diese
Weise entsteht für jeden von uns eine eigene Welt, in wir vermeintlich leben.
Gedanken kommen aus der jenseitigen Dimension
Wer aufmerksam beobachtet, bemerkt, wie Gedanken für unser Bewusstsein quasi aus
dem Nichts auftauchen und sodann nach und nach, je nachdem wie stark sie uns bewegen,
wieder verschwinden.
Insbesondere Künstler, Erfinder und sonstige Genies verfügen über die Fähigkeit,
sich bewusst mit jener Dimension in Verbindung zu setzen, aus der alle kreativen
Gedanken hervorgehen.
Auch jeder "normale Bürger" ist fähig sich mit dieser Quelle der Inspiration zu verbinden.
Wir benötigen dazu keine besonderen Anlagen. Nur innere Stille und Hingabe an den
Augenblick sind erforderlich.
Alles ist Eins
Was wir bei unserem alltäglichen Denken gerne aus dem Auge verlieren, ist die immer
bestehende Verbindung von allen Dingen und Wesen untereinander. Abhanden geht uns
das Gefühl für das Ganze, für die Einheit von allem Sein. Der Mensch grenzt sich
durch sein Denken ab von allen anderen Wesen der ihn umgebenden Natur. Auf diese
Weise fehlt ihm ein Bezug zum "Einen", welches je nach Kulturkreis mit verschiedenen
Namen, wie zum Beispiel Gott, Jehova, Buddha oder Brahman… bezeichnet wird.
Jeder Mensch leidet, meist unbewusst, unter dieser Trennung vom "Einen". Mehr oder
minder stark fühlt er im Grunde seines Herzens, dass ihm etwas fehlt.
Er erkennt dabei nicht, dass diese Absonderung nur in seiner mentalen Vorstellungs-Welt
stattfindet. Sie beruht auf der gedanklichen Identifikation mit seinem Körper, mit
seinen zwischenmenschlichen Beziehungen, mit seinen Besitztümern und so fort. Die
daraus resultierenden Gedanken und Gefühle verursachen ihm Ängste, machen ihn krank
und unglücklich.
Wie erlösend wirkt hingegen die Erkenntnis, dass alles Sein "Eins" und vollkommen
ist. Diese Vollkommenheit besteht trotz aller Schwierigkeiten, Gefahren, Grausamkeiten
und Ungerechtigkeiten die wir auf der Bühne der weltlichen Erscheinungen beobachten.
Unsere Schwächen und Unzulänglichkeiten
Viele von uns leiden unter ihren vermeintlichen Schwächen und Unzulänglichkeiten.
Doch die allesumfassende Vollkommenheit gilt auch für unsere Schwächen, für alle
unsere scheinbar negativen Eigenschaften.
Können wir sie liebevoll annehmen, so zeigt sich auch hier: Es gibt kein gut und
schlecht - Alles Negative existiert nur in unserem Unterscheiden und Denken. Im Kern
unseres Wesens sind wir alle - und zwar jeder einzelne von uns - "Götter und allzumal
Kinder des Höchsten!" (Psalm 82,6)
Wer sein Auge öffnet für die unfassbaren Wunder und Schönheiten der äußeren Welt,
wer in jedem Stein, in jeder Blume, in jedem Frosch, in jedem Lebewesen und nicht
zuletzt in jedem von uns überirdisches Wirken zu erkennen vermag, der zweifelt nicht
mehr an der Vollkommenheit von allem Geschehen.
Erwachen
Nachstehend findest du Anregungen zur Verwirklichung der Vollkommenheit von allem
Sein:
- Das Schicksal macht keine Fehler! Auch Krankheit, Leid und Tod sind wesentliche Elemente
der Vollkommenheit. In diesem Sinne erklärt Meister Eckehart: "Leid dient als schnellstes
Pferd zu Vollkommenheit".
Was wir erleben sind weisheitsvolle, manchmal auch schmerzhafte
Lernprozesse, die uns das Universum, das göttliche Eine schickt, damit wir aus dem
Traum der Welt, wie sie uns erscheint erwachen.
Leid lässt uns achtsamer werden.
Lässt uns erkennen wer wir wirklich, jenseits unserer körperlichen Erscheinung sind.
Der
Weise leidet nicht. Er verspürt vielleicht Schmerzen, doch er identifiziert sich
dabei nicht mit seinem vergänglichen Körper.
- Die Welt, wie wir gewohnt sind, sie zu sehen, ist nicht real. Sie kommt und vergeht.
Durch unser Ego-Denken, unser Bewerten, Ablehnen und Begehren entfaltet sich das
Schauspiel des Lebens. All das, was wir dabei ersinnen, ist vergänglich und nicht
real.
Wir projizieren in unser Umfeld hinein, was uns unsere Denkmuster vorgeben.
Diese Muster werden bestimmt durch unsere Gene, unsere Erziehung, durch unsere Umwelt
und Vieles mehr. Doch all das sind wir nicht!
Wie wir unser Umfeld wahrnehmen, wie
wir denken und uns verhalten, ist zudem vorherbestimmt durch unser Karma, durch unser
Schicksal. Erlösung vom Karma und Befreiung vom "Samsara", vom "Rad wiederholter
Geburten", geschieht durch Beendigung unseres Ego-Denkens.
- Egodenken besteht vorzüglich in der Auflehnung gegen "das was ist". Solch innerer
Widerstand gegen die Erscheinungen des Lebens macht unglücklich und behindert unseren
Zugang unserem Sein.
Wahre Hingabe, wahre Liebe hingegen nimmt an, was ist, ohne Wünschen
und Begehren, ohne Ablehnung, ohne sich zu ärgern, ohne sonst negativ zu reagieren.
So wird für uns Vollkommenheit innerlich "sichtbar".
Unser Problem sind unsere fortwährenden
dualen "Gut und Böse - Bewertungen", unser "Will-Ich - Will ich nicht" wo es doch
nur Vollkommenheit gibt.
- Kritisiere und verurteile Nichts und Niemanden, insbesondere dich selbst nicht. Alles
und Jeder ist vollkommen. Alles andere ist Maya.
Bedauere nicht, was du glaubst versäumt
oder falsch gemacht zu haben! Mach dir keine Schuldgefühle! Es gibt keine Fehler,
keine Schuld! Es gibt nur Erfahrungen und Lernprozesse. Alles ist gut und vollkommen
was war, was ist und was sein wird.
- Alles ist eins mit dem "Einen", vom Mikrokosmos angefangen bis zu den größten und
entferntesten Galaxien.
Wir "sind" das Ziel - Es gibt keinen Weg dahin!
Wir sind bereits
Glückseligkeit. Wir brauchen und können sie nicht machen. Im Gegenteil, je mehr wir
wollen und uns darum bemühen, desto weiter entfernen wir uns davon.
- "Wahrhaft leben, das zu leben, was ich bin und tief und anhaltend glücklich sein,
geschieht nur im Jetzt.
Es gibt keine Vergangenheit, keine Zukunft, sondern nur dieses
ewige Jetzt. Alles andere sind nur Erinnerungen oder gedankliche Vorstellungen. Deshalb
machen unser Bedauern von Vergangenem, machen unsere Sorgen und Ängste betreffend
zukünftiges Geschehen keinen Sinn.
- Das Problem ist unsere Identifikation mit unseren Gedanken, Gefühlen und Wünschen.
Das Problem ist unsere Identifikation mit unserem vergänglichen Körper in einer vergänglichen
Welt. Von daher rührt alle Angst vor Verlusten vor Krankheit und Tod.
- Unsere Erlösung erfolgt im Nicht-Denken, in der Stille, in der Einkehr bei sich selbst.
Dort erfahren wir unser eigentliches Wesen und Sein. Wir erfahren "Sat, Chit, Ananda"
- grenzenloses "Sein, Bewusstsein und Glückseligkeit".
- Gedanken-Beobachten befreit von Gedanken
Gewöhne dich daran, dich mehrmals am Tage
zu fragen: "Was geht jetzt in mir vor? Welche Gedanken und Emotionen wirken in mir?"
Wenn wir uns auf diese Weise immer wieder sorgfältig beobachten werden sich unsere
Ängste, Sorgen und Probleme nach und nach wie von selbst auflösen.
- Und wer ist dieser Beobachter? Er ist unser Bewusstsein, ungetrübt von Wünschen und
Sorgen. Er ist unser "Ich bin", das überirdische, unvergängliche Sein.
Mit herzlichem Gruß
Bernd