ESSAY-
Essay-
Du bist nicht der Täter! (Gita VII.)
© Bernd Helge Fritsch
„Du bist nicht der Handelnde!“
Schwer zu begreifen ist die Behauptung in der Bhagavad-
In der Gita lesen wir dazu:
5: 7-
Mit dem universellen Bewusstsein vereint, sind sie sich stets bewusst: „Ich bin nicht der Handelnde!“
Wenn ein solcher Mensch sieht, hört, riecht, geht, schläft und atmet, wenn er spricht, sich bewegt, so weiß er wohl: Es ist nur die im Körper wirkende Natur die mit den Sinnesobjekten beschäftigt ist.
13: 29-
Der große Philosoph Arthur Schopenhauer scheint annähernd derselben Meinung zu sein, wie der Autor der Gita. Er erklärt: „Der Mensch kann tun, was er will, doch er kann nicht wollen, was er will!“ Damit meint er, dass wir zwar unsere Willensimpulse, soweit es die Umstände zulassen, umsetzen können, doch wir sind grundsätzlich fremdbestimmt, bei dem was wir wollen. Wie ist das zu verstehen?
Es leuchtet uns ein, dass jemand der im Schlaf-
a.) Es stellt sich nach dem Aufwachen heraus, dass der „Täter“ nur eine Illusion war und dass tatsächlich keine Taten vollbracht wurden.
b.) Außerdem geschieht das, was jemand im Traum tut, ohne sein bewusstes Wollen. Im Traum bestimmen Vorstellungen und Kräfte aus dem Unterbewusstsein das Geschehen.
Im Tagesbewusstsein haben wir es mit ähnlichen Verhältnissen zu tun:
a.) Wenn der Mensch aus seinem „Tagtraum“ (aus seinem normalen Bewusstsein) erwacht,
erkennt er die Vergänglichkeit und Unwirklichkeit der „Ego-
b.) Die Entscheidungen des Menschen werden von seiner Veranlagung, seiner Erziehung,
seinen Gefühls-
Dazu ein paar Beispiele:
Stets ist es eine unendliche Kette von Ursache und Wirkung, die die Handlungsweise und das Schicksal eines einzelnen Menschen und ebenso das Schicksal einer Familie, einer Volksgruppe und letztlich der ganzen Menschheit bestimmt. Unsichtbar dahinter wirkt das universelle Bewusstsein.
Jetzt könnte jemand einwenden: „Ist nicht ein starker, freier Wille am Werk, wenn beispielsweise ein Mensch sich gegen die Bevormundung seiner Eltern oder der Gesellschaft auflehnt?“ Ja, das kann auf einen starken Willen hinweisen, es bedeutet jedoch nicht ein Handeln aus freiem Willen. Warum rebelliert der eine Mensch gegen äußere Einflüsse und der andere nicht? Entscheiden darüber nicht wiederum die Veranlagung (Gene), der angeborene Charakter (Mut oder Ängstlichkeit), Erziehung, Vorbilder und der vorgegebene Schicksalsweg?
Zeigen Kinder im Trotzalter oder in der Pubertät einen „freien“ Willen, wenn sie gar nicht anderes können als rebellieren und protestieren? Dieser Widerstand der Kinder gegen ihre Umwelt zeigt das Wirken des universellen Bewusstseins. In ihm wiederholt und spiegelt sich die mentale Lösung der Menschheit aus der Einheit. Diese ist, wie an anderer Stelle schon ausgeführt, erforderlich zur Entwicklung der Individualität des Menschen.
„Krishna bestimmt die Regie“
In den folgenden Versen der Gita wird beschrieben wie alle weltlichen Phänomene aus Krishna (Gott, universelles Bewusstsein) hervorgehen. Das gilt auch für unsere persönlichen Eigenschaften, für unsere Stärken ebenso wie für unsere Täuschungen und den damit verbunden Irrwegen, Sorgen und Leiden:
10: 4-
Ich bin Gewalt und Gewaltlosigkeit, bin Gelassenheit, Zufriedenheit und Wohltätigkeit, bin Ruhm und Schmach. All diese Eigenschaften der Menschen sind aus mir geschaffen.
10: 6 Alle großen Weisen und die Urväter der Menschheit sind aus meinem Geist erschaffen.
Krishna, als Regisseur, lässt die äußere Welt als ein gewaltiges Spektakel erscheinen. Alles ist von seinem Bewusstsein durchdrungen. Er genießt dieses Theater mit seinen Schönheiten und Dramen, mit seinem ständigen Werden und Vergehen. Doch er identifiziert sich nicht damit und wird deshalb von diesem Geschehen nicht weiter berührt.
9:4 Das ganze Universum ist von mir in meiner unmanifestierten Form durchdrungen.
Alle Wesen wohnen in mir, doch ich wohne nicht in ihnen.
9:5 Obwohl alle Wesen in mir ihren Ursprung haben und in mir wohnen, werde ich von ihrem Denken und Wirken nicht berührt.
9: 8-
Doch all dieses Wirken kann mich nicht binden. Ich bleibe immer der unbeteiligte Zuschauer.
Der Mensch ist Mitspieler im großen Bühnenstück der „Maya“. Doch sein Verstand durchschaut nicht das Spiel und so identifiziert er sich mit den Rollen, die er nach den Vorgaben der Regie (universelles Bewusstsein) zu spielen hat.
Der Weise identifiziert sich weder mit seinem Körper, noch mit seinem Mind und ebenso
wenig mit den Rollen die das Schicksal ihm zuteilt. Wie Krishna verhält er sich gegenüber
allem Geschehen als ein liebevoller und gelassener Zuschauer. Er beobachtet (mitfühlend
aber nicht mitleidend) wie die Menschen von zwanghaften Ego-
Nach den obigen Ausführungen ist es nicht gut um die Entscheidungs-
Mat. 6, 25-
Sehet an die Vögel unter dem Himmel: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie?
Wer von euch vermag durch Sorgen seiner Lebenszeit auch nur eine Elle hinzuzufügen?
Luk. 12, 27 Betrachtet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich aber sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht schöner bekleidet gewesen ist als deren eine.
Das sind keine Kindermärchen! Wer den tieferen Sinn dieser Worte erkennt, geht über alle Sorgen des Egos hinaus.
„Freiheit und Verantwortung“
Ein Gefühl von großer Leichtigkeit und Befreiung stellt sich ein, wenn wir die Bedeutung des göttlichen Spiels, Lila genannt, durchschauen und erkennen, wer wir wirklich sind. Wenn wir uns nicht mit dem „Handelnden“ identifizieren, macht es keinen Sinn mehr sich Sorgen zu machen, ob wir die richtigen Entscheidungen treffen. Es macht keinen Sinn mehr sich wegen unserer „Fehler“ schuldig zu fühlen. Es macht keinen Sinn mehr andere Menschen zu verurteilen und mit ihnen im Unfrieden zu leben weil sie so oder so gehandelt haben.
Wer noch nicht verstanden hat und zu Sorgen neigt, könnte sich an dieser Stelle fragen: Gewährt die Idee „nicht der Handelnde zu sein“ einen Freibrief für böse Taten? Nein, im Gegenteil! Wer die in der Gita beschriebene Bewusstseinsstufe des Weisen erlangt hat, lebt in Harmonie mit dem Sein und vollbringt weder „gute“ noch „bösen“ Taten. Denn er geht über diese duale Denkweise hinaus. Wer hingegen noch in der mehr oder minder tiefen Unbewusstheit seines Egos lebt, wird weiterhin fremdgesteuert tun, wozu ihn seine Lebensumstände zwingen.
Für jene, denen ihre innere Freiheit viel bedeutet, sei an dieser Stelle versichert: Es gibt sehr wohl eine Freiheit und damit auch eine Verantwortung des Menschen. Doch diese Freiheit finden wir nicht auf der dualen Ebene, auf dem Feld der Illusionen (Maya). Freiheit besteht nicht darin, dass wir uns beliebig für das entscheiden können, was unserem Ego gefällt und vermeiden können was ihm missfällt.
Die wahre Freiheit kann kommt aus der Dimension des reinen Bewusstseins. Diese Dimension
eröffnet uns die Freiheit zu entscheiden, ob wir die geistige Trennung von der Einheit,
und damit unser Ego-
Allerdings ist der Zugang zu dieser Dimension, wie wir im Neuen Testament nachlesen
können, für das „Kamel-
Wenn allerdings unser Ego-
Die non-
Wu – Wei (wie es Laotse und die Taoisten nannten) genügt. Gegenwärtig sein und neutral
beobachten was in mir und um mich ist, genügt. Wu-
Die Botschaft dieses Essaybriefes findet sich ganz schlicht und einfach zusammengefasst
in dem alten Volks-
Sei dir stets bewusst: „Der Mensch denkt – Gott lenkt!“
Mit herzlichem Gruß –
Bernd Helge Fritsch