ESSAY-BRIEF

Essay-Brief Juni 2014  

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Die Kraft der Gedanken Teil 4

© Bernd Helge Fritsch

 

Die Welt, wie sie uns erscheint

Die Art, wie uns die Welt erscheint, oder besser gesagt, wie wir uns die Welt „erdenken“, ist dual geprägt. Licht und Schatten, gut und böse, angenehm und unangenehm, Gesundheit und Krankheit, Leben und Tod, all diese Dualitäten bedingen sich gegenseitig und gehören zusammen. Sie sind stets die beiden Seiten ein und derselben Münze. Die eine Seite ist ohne die andere für unser gewöhnliches Bewusstsein nicht „denkbar“. Auch der Wert unseres Denkens ist dual: unser Denken kann als Fluch und als Segen angesehen werden. Durch unser Denken, unsere Reflexionsfähigkeit werden Freiheit, Selbstbestimmung, und die Glückseligkeit einer höheren Bewusstseinsstufe ermöglicht. Auf der anderen Seite wird das Denken zum Fluch, wenn es von unserem Ego geprägt ist, wenn wir uns Sorgen machen, Angst haben, eifersüchtige, neidische, begehrende, verurteilende oder sonstige negative Gedanken pflegen.

Positives, optimistisches Denken hat im Gegensatz zu negativem Denken erfreuliche Auswirkungen. Das ist eine Binsenweisheit. Wird allerdings „Positives Denken“, wie im letzen Essay-Brief beschrieben, für Ego-Zwecke „eingesetzt“, so führt dies zwangsläufig in gleicher Weise zum Leiden, wie negative Gedanken.

Ego-Denken

Unsere gewöhnliche Denkart besteht darin, dass wir uns mit unserem Körper identifizieren. Daraus ergibt sich alles Leid des Egos. Wer glaubt er sei sein Körper und dessen Attribute (seine Vergangenheit, seine Fähigkeiten, Erfolge und Misserfolge, seine Besitztümer, seine Beziehungen) macht sich automatisch Sorgen um den Erhalt dieses Körpers und seiner Attribute. Das nennt man „Ego-Denken“. In Verbindung mit den dualen „Aufs“ und „Abs“ des Lebens sind damit „Unglück“ und „Probleme“ vorprogrammiert. Im Ego-Denken haben wir kein Bewusstsein von dem, was wir wirklich sind. Wir verwechseln uns mit einem Bündel von Gedanken, aus dem wir eine „Person“ konstruieren um die sich die ganze Welt dreht. Diese Welt besteht so aus lauter „Ich, Ich, Ich“ und „mein, mein, mein“.

Wie jeder der seine Gedanken aufmerksam beobachtet feststellen kann, haben wir nur sehr wenig Spielraum um unsere Gedanken selbst zu bestimmen. Welche Gedanken uns normalerweise „zufallen“ ist von einer unendlich langen Kausalitätskette (Ursache-Wirkungskette) unseres Seins vor unserer Geburt und unseres gegenwärtigen Lebens (Gene, Erziehung, Umgebung, Erlebnisse) bestimmt. Je klarer wir dies erkennen, desto größer wird die Freiheit unser Denken und unser „Nicht-Denken“ selbst zu bestimmen. Durch diese Freiheit sind wir immer mehr in der Lage unser Schicksal zu bestimmen.

Bewusstseinsstufen

Grob eingeteilt können wir drei Bewusstseinsstufen des Menschen unterscheiden:

 

Wird ein Mensch von großem Begehren, Zorn, Ärger, Groll, Depression, akuter Angst oder Sorgen beherrscht, so befindet er sich im Zustand tiefer Unbewusstheit. Er identifiziert sich sowohl mit den Gedanken, die diese Seelenstimmungen hervorrufen, als auch mit seinem gegenwärtigen Seelenzustand. Er „IST“ die Wut, der Ärger die aus seinen Gedanken resultieren. Auf diese Weise hat er die Verbindung zu seinem wahren Wesen vollkommen verloren.

Ursache solcher intensiver Unbewusstheit können jahrelanges Ego-Denken, starke Minderwertigkeitsgefühle, seelische Verletzungen, Rache-Gedanken, zwischenmenschliche Konflikte, ein starker Verlust oder eine schwere Krankheit sein. Stets bestimmen unkontrollierte negative Gedanken diesen Zustand.

 

Zwanghaftes, automatisches Denken, gedankliches Verweilen in der Vergangenheit oder in der Zukunft und mangelnde Bewusstheit gegenüber diesen Gedanken-Vorgängen kennzeichnet die „normale Unbewusstheit“ in der sich die überwiegende Anzahl der Menschen befindet. Charakteristisch für diesen Zustand ist der innere Widerstand gegenüber Menschen und Ereignissen, die als „schlecht“ bewertet werden und die rastlose Suche nach dem, was als begehrenswert beurteilt wird.

Der „normale Mensch“ kann sein Denken nicht stoppen. Die Wohltat des „Nicht-Denkens“ ist für ihn kaum erfahrbar. Wer beginnt sein Denken sorgfältig zu beobachten kann erkennen, wie dieses vorwiegend von Verlangen, Erwartungen, Enttäuschungen, Ängsten und Sorgen angetrieben wird.

Durch seine Unbewusstheit befindet sich der „normal unbewusste“ Mensch in einer Art „Tagtraum“. Dieser ist in der Regel geprägt von Langeweile, Unbehagen, von Unzufriedenheit, von Glückssuche, von gelegentlicher Euphorie, von Nervosität, Stress, oder von Energielosigkeit, Resignation und von depressiven Gefühlen.

 

Das duale Gegenstück zum Denken ist das „Nicht-Denken“, das Verweilen in der „reinen Wahrnehmung“. Auf diese Art werden wir eins mit unserem göttlichen Selbst. Erst wenn wir in der Lage sind innere Stille zu praktizieren, können wir den Wert und Unwert des Denkens richtig einschätzen. Erst dann können wir uns von der Sklaverei der ungewollten, zwanghaften, ständig in unserem Kopf kreisenden Gedanken befreien und das Denken bewusst dort einsetzen, wo es sinnvoll ist.

Das Erwachen besteht darin die große Täuschung, hervorgerufen durch die Art unseres Denkens, zu durchschauen. Von dieser Täuschung sprechen die ältesten Weisheitslehren der Menschheit. Sie wird beschrieben in der Schöpfungsgeschichte des Alten Testamentes, wo wir lesen wie Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis von „gut“ und „böse“ aßen und seither – gestraft durch Gott – unter der Wahnvorstellung der Härte und Unvollkommenheit des Erdendaseins leiden. Die alten indischen Weisen nannten diese große Täuschung die „Maya“, welche ebenso durch das Wirken der „Natur Gottes“ verursacht wurde.

 

Die Rückkehr zur Vollkommenheit des Seins

In Wirklichkeit gibt es kein „gut“ und „schlecht“. Es gibt nur die Vollkommenheit der allumfassenden Gottheit und ihrer Schöpfung. Zu dieser Vollkommenheit gehört auch die scheinbare „Unvollkommenheit“ unserer dualen Denkweise. Sie ermöglicht uns, wie oben erwähnt, Freiheit und Selbstverwirklichung statt, wie Tiere und Pflanzen, allein von der „Natur“ (Gott) bestimmt zu sein.

Zur allumfassenden Vollkommenheit zurück zu kehren, indem wir die große Täuschung durchschauen, ist die primäre Lebens-Aufgabe des Menschen. Sie wird im Neuen Testament gleichnishaft als die „Rückkehr des verlorenen Sohnes“ beschrieben.

Der Evolutions-Weg der Menschheit und des einzelnen Menschen ist ein Weg des Bewusstseins-Wandels. Er führt vom Seins-Zustand der „unbewussten Vollkommenheit“ (vor der dualen Denkweise und Einteilung in „gut und böse“) zu Gauben an „Unvollkommenheit“ (bedingt durch das duale Denken und die Identifikation mit dem Körper). In diesem Bewusstseins-Stadium befinden sich – bis auf wenige Ausnahmen – alle Menschen der letzten Jahrtausende. Der nunmehr anstehende Schritt ist die geistige Rückkehr des „verlorenen Sohns“ in die göttliche Einheit. Indem er diesen Schritt bewusst vollzieht, eröffnet sich nicht nur für ihn, sondern für das ganze Sein eine neue Dimension. Der Mensch verwirklicht mit diesem Schritt „bewusste Vollkommenheit“. Auf diese Weise begegnet sich das universelle Bewusstsein (die Substanz der Welt) selbst. Das heißt es wird sich seiner selbst bewusst.

Der Weg des Menschen führt von der unbewussten Vollkommenheit

über die scheinbare Unvollkommenheit zur bewussten Vollkommenheit

 

Die befreiende und beglückende Rückkehr ins Vaterhaus (Rückkehr zu reiner Bewusstheit - ohne Identifikation mit unserem Körper, unserem Denken, unserer Vergangenheit, unseren Beziehungen, Besitztümern usw.) muss jeder Mensch selbst vollziehen. Sie hat nur dann einen Wert, wenn sie aus freiem Willen erfolgt. Deshalb werden wir auf unserem Weg dahin zwar von allen Kräften des Universums unterstützt, doch keine Gottheit, kein Erlöser kann uns dazu zwingen oder den Schritt für uns vollziehen.

Gut und Böse - unwirkliche Wellen auf dem Ozean des Seins

Tief und anhaltend glücklich und frei von allen Problemen, können wir nur dann sein, wenn wir über die duale Denkweise hinaus gehen. Das heißt die dualen Erscheinungen der Welt zu verstehen und sie nicht zu bekämpfen. Diese Erscheinungen sind vergleichbar mit den ständig kommenden und gehenden, sowie letztlich unwirklichen Wellen die unser Mind (Denken, Fühlen, Wollen) auf der Oberfläche des unendlich weiten und tiefen Ozeans des Seins hervorruft. Diese Wellen gehören zum Spiel unseres Erdendaseins. Sie können uns, wenn wir das Spiel durchschauen, in ihrer Schönheit und Vielfalt beglücken. Zum anderen lassen sie uns Leiden, wenn wir sie zu ernst nehmen und uns unnötig gegen die „schlechte“ Seite von ihnen auflehnen. Wir müssen leiden, wenn wir unsere Ego-Vorstellung von dem, wie die Welt sein sollte, von dem was das „Gute“ und „Richtige“ ist, durchsetzen wollen.

Der unwissende Mensch will nicht akzeptieren, dass zu jeder Welle auf der „Oberfläche“ des Seins, eine Krone („das Gute“) und ein Tal (das „Schlechte“) dazugehört. Statt die Maya (Illusion der Erscheinungen) zu durchschauen, kämpft das Ego um die Abwehr und Beseitigung des scheinbar „Bösen“ in sich und um sich und um das Erlangen von dem, was der Verstand als „gut“, angenehm, erstrebenswert und liebenswert beurteilt. Das führt zu unendlichen, sinnlosen Konflikten in der Seele des Menschen und zu ebensolchen Konflikten mit seinen Nächsten bis hin zu Terrorakten und Kriegen.

Der Mensch möchte die an sich bedeutungslosen Wellen auf dem Meer des Lebens so hinbiegen, dass es nur „Kronen“ (das Gute, Angenehme) und keine „Täler“ (das Schlecht, Unangenehme) gibt. Das bedeutet das erscheinende Sein nicht anzunehmen wie es ist, es bedeutet „Nicht-Liebe“.

Wirksame Veränderung ist nur durch Erkenntnis möglich

Der Mensch möchte seine äußere als negativ beurteilte Lebenssituation verändern und erkennt nicht, dass diese nur eine Projektion seines in dualen Mustern arbeitenden Verstandes ist. Tatsächlich kann der Mensch „die Welt“ nur dann anhaltend verändern, wenn er das Wirken seiner Gedanken durchschaut und damit sein Bewusstsein verändert.

Auf diese Weise wird er von den oberflächlichen Wellen zum Ozean, zur unendlichen Weite, allumfassenden Liebe und zur unendlichen Weisheit des Seins, jenseits der dualen Sichtweise vordringen. Dies wird und kann nur dann gelingen, wenn unser einfältiger, begrenzter, seit Jahrtausenden konditionierter Verstand immer mehr und mehr zu schweigen beginnt und sich damit Raum für unser Sein, welches für unser Denken nicht beschreibbar und fassbar ist, eröffnet.

Wenn es um die wesentlichen Fragen des Seins geht, kann uns nur das „Nicht-Denken“ Antworten geben und uns befreien. Beende deshalb das gedankliche Verweilen in der Vergangenheit. Denke nicht unnötig nach über die Zukunft! Reduziere drastisch dein bisher rastloses Denken und mach dir keine Sorgen. Muss ein junger Baum darüber nachdenken, was aus ihm in der Zukunft wird?

Sorge dich nicht – lebe!

Wenn du aufhörst zu denken wird eine geheimnisvolle Kraft die Sorge für deine Zukunft übernehmen und sie wird ihre Aufgabe tausend mal besser erfüllen, als es dein Problem-Denken vermag. Du wirst deshalb nicht untätig sein, sondern geführt von der vorerwähnten Kraft, frei von inneren Konflikten, im jeweiligen Augenblick spontan das richtige tun. Vielleicht erinnert ihr euch dieser Worte:

„Darum sage ich euch: Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr denn Speise? Und der Leib mehr denn die Kleidung?

 

Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie? (Mat. 6, 25-26)

 

 

Mit herzlichem Gruß

Bernd

 

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