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Essay-Brief Jänner 2012

Auf der Suche nach dem Stern -Die Symbolik der heiligen drei Könige

© Bernd Helge Fritsch

 

Wir finden zwei Schilderungen der Geburt Jesu in den Evangelien. Diese unterscheiden sich erheblich voneinander. Die eine, ist die Schilderung durch den Evangelisten „Lukas“. Er war kein Jünger des Jesus, sondern ein Arzt, der in enger Verbindung mit dem Missionar Paulus (lat. Saulus) stand. Lukas schildert, dass eine Volkszählung durch den Statthalter Quirinius durchgeführt wurde und dass Josef mit seiner Frau Maria deshalb von seinem Wohnsitz in Nazareth nach Betlehem reiste um sich in der Stadt seiner Väter eintragen zu lassen. In Betlehem war kein Platz in der Herberge weshalb Maria ihren eben geborenen Sohn in Tücher wickelte und in eine Krippe legte. In der Gegend waren Hirten auf freiem Felde bei ihren Tieren. Dort trat ein Engel zu ihnen und verkündete ihnen die Geburt des Messias. Darauf gingen die Hirten eilig nach Betlehem um das Kind in der Krippe zu besuchen.

Acht Tage nach der Geburt des Kindes zogen Josef und Maria mit dem Kind nach Jerusalem um dort das übliche Dankopfer zu erbringen. Nachdem dies erfüllt war kehrten sie heim nach Galiläa in ihre Stadt Nazareth.

In dieser Erzählung gibt es keine Könige, die das Kind besuchen, keinen Herodes, der das Kind verfolgen wollte und kein Exil in Ägypten.

Die zweite Darstellung der Geburt Jesu finden wir im Matthäus-Evangelium. Es wird vermutet, dass diese Schrift von einem Schüler des Matthäus (einer Jünger des Jesus) ca. 80 Jahre nach Chr. geb. verfasst wurde. In diesem Evangelium lesen wir, dass in den Tagen als Jesus geboren wurde, „Weise aus dem Morgenland“ nach Jerusalem kamen und fragten, wo sich der „neugeborene König der Juden“ befinde. Sie erzählten, dass sie seinen Stern im Morgenland gesehen hatten und dass sie gekommen sind, um dem Kind zu huldigen. Als der König Herodes dies hörte, erschrak er sehr. Er versammelte die Hohepriester und Schriftgelehrten und fragte diese wo der Messias geboren sein kann. Die Gelehrten verwiesen auf den Propheten Micha. Nach dessen Vorhersage sollte der Retter Israels aus Betlehem stammen.

Der Stern, den sie schon im Morgenland gesehen hatten, führt die Weisen (von „drei Königen“ ist keine Rede – diese Details wurden erst Jahrhunderte später hinzugedichtet) schließlich zum „Hause“ wo das Kind war. Eine Krippe und Hirten werden hier nicht erwähnt. Nach Matthäus benötigten Josef und Maria keine Herberge, denn sie hatten zu dieser Zeit ihren Wohnsitz in Bethlehem.

Die Weisen brachten dem Kinde Geschenke, nämlich „Gold, Weihrauch und Myrrhe“.

In einem Traum erhielten sie sodann die Weisung nicht zu Herodes zurückzukehren, um Ihm den Aufenthalt des Jesuskindes bekannt zu geben, wie dies Herodes von ihnen verlangt hatte.

Als die Weisen weggezogen waren erschien dem Josef im Traum ein Engel und hielt ihn an mit dem Kind und Maria nach Ägypten zu fliehen, „denn Herodes wird nach dem Kind suchen um es zu ermorden“. Darauf stand Josef auf, „nahm bei Nacht das Kind und seine Mutter und zog nach Ägypten. Dort blieb er bis zum Tode des Herodes.“ Erst nachdem Herodes gestorben war, wollte er nach Judäa (Betlehem) zurückkehren. Weil aber dort der Sohn des Herodes herrschte, fürchtete er sich dort zurückzukehren. Er entschied sich daher in Nazareth (Galiläa) seinen neuen Wohnsitz zu begründen.

Um historische Wahrheit haben sich die Autoren bei der Schilderung der Geburt Jesu wenig gekümmert. Dies entspricht dem allgemeinen Charakter der vier Evangelien, die weniger als Tatsachenbericht zu verstehen sind, sondern mit einer symbol- und gleichnishaften Sprache das Erscheinen und die Lehre des Jesus verkünden wollten. Es gibt Beweise dafür, dass Herodes bereits vier Jahre vor der Geburt Jesu verstorben ist und dass die erste Volkszählung unter Quirinius erst im Jahre 6. nach Chr. Geb. durchgeführt wurde. Die Evangelisten waren vorzüglich bestrebt gegenüber den Juden nachzuweisen, dass Jesus der von den Propheten angekündigte Messias war. Deshalb musste Jesus in Bethlehem zur Welt kommen (Micha 5,1) und Josef mit seiner Familie nach Ägypten fliehen (Hosea 11,1). Auch war prophezeit dass der Messias aus dem Geschlechte Davids stammen sollte. Daher gibt es einen entsprechenden Stammbaum des Josef sowohl im Matthäusevangelium, als auch bei Lukas. Wobei diese beiden Schilderungen nur betreffend die Abstammung von David übereinstimmen, ansonsten jedoch erheblich voneinander abweichen.

Die Ungenauigkeiten und Widersprüche im Lukas- und Matthäusevangelium zeigen uns, dass wir die „Geschichten“, wie sie die Evangelien schildern, nicht allzu wörtlich nehmen sollten. Es handelt sich bei diesen Erzählungen vorwiegend um Weisheitslehren, die in mehr oder minder verschlüsselter Form in die Lebensgeschichte einer Person namens „Jesus“ eingebettet wurden.

 

Wir wollen uns zunächst die Frage stellen:

Was bedeutet die Geburt Jesu für uns Menschen heute?

 

Vielleicht die tiefste und schönste Antwort auf diese Frage finden wir bei dem mittelalterlichen Mystiker Angelus Silesius:

„Wär Christus tausend Mal in Betlehem geboren und nicht in dir, du bleibst doch ewiglich verloren!“

 

Es macht keinen Sinn heute einen Jesus anzubeten, der vor zwei tausend Jahren in Galiläa und Judäa gepredigt haben soll und schließlich gekreuzigt wurde.

Jesus selbst gibt bei Begegnung mit der Samariterin am Jakobsbrunnen zu diesem Thema die Antwort:

„Ihr betet an, was ihr nicht kennt! Wir beten an, was wir kennen; Aber es kommt die Stunde, und jetzt ist sie da, in der die wahren Anbeter den Vater anbeten in Geist und Wahrheit; denn solche Anbeter will der Vater haben. Gott ist Geist, und die ihn anbeten müssen ihn anbeten in Geist und Wahrheit.“ (Joh.4,22)

 

Das heißt, im Gebet müssen wir tief in den Geist „Gottes“ (des Universums, des Seins) eindringen. Und diesen Geist können wir in keiner Schrift, sondern nur in uns selbst finden. Es ist wertlos etwas anzubeten, was wir nicht kennen. Wenn wir Jesus, Buddha oder irgendeinen Gott anbeten von dem wir gehört oder gelesen haben, so beten wir eine bloße Vorstellung, ein Konstrukt unseres Verstandes an.  

Jeder kann nur in der stillen Versenkung in sich selbst, das Höchste finden.

„Das Himmelreich ist in dir!“ (Luk.17,21).

 

Derjenige schließlich, der den Geist in sich wahrnimmt, braucht niemand mehr anzubeten, denn der Anbeter und das Angebetete sind Eins geworden.

Die „Weisen aus dem Morgenland“ geben uns einen Hinweis darauf wie wir den „Christus in uns“ finden können. Wie finden sie den neugeborenen König? Sie folgen einem Stern. Dieser Stern kann wohl nur das Licht sein, das jeder in sich trägt. Dieses Licht äußert sich in der Sehnsucht nach Liebe, Frieden und Glückseligkeit. Wenn wir erkennen, dass alle Liebe, Schönheit und Seligkeit Ausdruck unseres innersten Wesenskern sind, so suchen wir sie nicht mehr im Außen, wo wir immer nur einen vergänglichen Abglanz des ewigen Seins vorfinden.

Die „Weisen“ – Symbol für die „Weisheit“ - kommen aus dem Morgenlande. Viele Jahrhunderte vor Christi Geburt gab es in Indien bereits eine hohe religiöse Kultur. Sie fand ihren schriftlichen Niederschlag in den Veden und Upanischaden. Der Philosoph Arthur Schopenhauer bezeichnete die Upanishaden als „belohnendste und erhebendste Lektüre, die […] auf der Welt möglich ist: sie ist der Trost meines Lebens gewesen und wird der meines Sterbens sein.“

In gut verständlicher Weise zusammengefasst finden wir die Lehren der Veden und Upanischaden in dem einmaligen Weisheitsbuch, Bhagavad-Gita, die ich allen Freund/innen zur Lektüre empfehlen kann.

Es ist anzunehmen, dass die Lehren wie wir sie in den Evangelien vorfinden, erheblich durch die altindischen religiösen Weisheiten beeinflusst wurden.

Die Weisen aus dem Morgenlande brachten dem Christus-Kind dementsprechend „Gold“ (Symbol für Licht, Reinheit, Weisheit), Weihrauch (göttlicher Duft, Symbol der Verbindung zu Gott) und Myrrhe (Symbol für Heilkraft).

Die Krippe, wie sie Lukas schildert, ist ein Symbol für Einfachheit und für die Spende von (geistiger) Nahrung. Das erinnert uns an die Worte:

„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern ist schon vom Tode zum Leben übergegangen.“ (Joh. 5,24)

 

Die Toten sind für Jesus die Menschen, die gefesselt im Traum ihrer Gedanken dahin wandeln. Siehe die Worte: „Lass die Toten, die Toten begraben!“ (Math.8,22). Die Toten sind diejenigen, die sich mit ihrem Körper, ihrer Vergangenheit, ihren Gedanken, Gefühlen, Wünschen und Ängsten identifizieren. Wer bereit ist in die lebendige Stille einzutauchen und alle Identifikation zu beenden, der erwacht zum unvergänglichen Leben. Er wird eins mit dem Sein, mit Gott, mit dem Christus oder Buddha in sich, mit dem universalen Bewusstsein.

Er geht schon „jetzt“ von den Toten über zu den Lebenden. Er befreit sich von seinem Karma („kommt nicht ins Gericht“).

 

Immer wieder wird die Frage gestellt:

Aber wie finden wir den das lebendige Wort, unsere wahre Identität, den Christus, den Buddha in uns?

 

Lass dich in gleicher Weise, wie die „Weisen aus dem Morgenland“ von deinem inneren Stern führen. Wenn dein Ego möglichst schweigt und wenn du aus dem ständigen Strom zwanghafter Gedanken ausbrechen kannst, dann hörst du diese Stimme, die immer zu dir spricht. Sie wird dich auch zu den richtigen Weisheitslehrern und Büchern führen.

Viele Antworten findest du teils offen, teils verschlüsselt, teilweise verfälscht in den Evangelien. Vorstehend habe ich einige davon erläutert.

Besonders durch die Lehren der alten und neuen großen indischen Weisheitslehrer, wie Patanjali, Shankara, Vivekananda, Ramana Maharshi, Nisargatthata, erhalten wir sehr präzise Anleitungen für den „Weg zu sich selbst“.

Es gibt viele Wege zu sich selbst. In meinen Erfolgslettern versuche einige davon aus verschiedenen Blickwinkeln zu erläutern.

Hervorragende Antworten finden wir auch bei den christlichen Mystikern, zum Beispiel bei Angelus Silesius:

„Du brauchst nach Gott nicht schreien, der Brunnquell liegt in dir, stopfst du den Ausgang nicht, er flösse für und für.“

 

Wir selbst, mit unserem begrenzten Verstand, unseren Ängsten und Sorgen, mit unserem Ego-Denken „verstopfen“ den Ausgang. Du musst nichts erlangen um befreit zu werden, du musst nur die Hindernisse in deinem Geist auflösen.

 

Viel Freude dabei wünscht dir

Bernd Helge Fritsch