ESSAY-BRIEF

Essay-Brief März 2020

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Das Zauberwort - „Hingabe“

© Bernd Helge Fritsch

 

Die Sehnsucht nach dem Sein

Die Menschen sind – meist unbewusst – erfüllt von einer großen Sehnsucht wieder mit ihrem Ursprung, mit dem universellen Sein eins zu werden und so in Harmonie und Frieden zu leben. Dabei erkennen sie nicht, dass sie ohnedies mit diesem allumfassenden und allesdurchdringenden Ganzen immerwährend verbunden sind. Doch durch ihre Art zu denken, haben sie dieses beglückende Gefühl für ihre Einheit verloren.

Statt sich ihrer stets vorhandenen Verbindung mit der Vollkommenheit und Liebe des Seins wieder bewusst zu werden, versuchen sie durch Erreichen von Zielen in der Außenwelt, Glück für ihr Leben zu erlangen.

Unser gewöhnliches Denken wird vom Gesetz der Dualität bestimmt. Deshalb sind für unsere Wahrnehmung Angenehmes und Unangenehmes, Licht und Dunkel, Gut und Böse stets miteinander verbunden. Der eine Pol kann ohne den anderen nicht bestehen. Beide Pole gehören zusammen wie die zwei Seiten einer Münze.

Doch in der Regel wollen wir Unangenehmes und Leidvolles nicht akzeptieren. Daher ist der unwissende Mensch angestrengt bemüht, von dieser äußeren Welt möglichst nur Angenehmes und Erfreuliches zu bekommen und dem, was ihm nicht gefällt zu entfliehen. Doch solange er vom dualen Denken beherrscht wird, ist dies ein hoffnungsloses Unterfangen.

 

Hingabe

Von Albert Schweitzer stammen die Worte:

Die einzig wahrhaft glücklichen Menschen,

denen ich in meinem Leben begegnet bin, waren diejenigen,

die in der Hingabe an eine Aufgabe aufgegangen sind.

 

Das Zauberwort für die Befreiung von allen Sorgen und Problemen, das Zauberwort, um wieder Eins zu werden mit dem allumfassenden Sein hat den Namen „Hingabe“.

Hingabe bedeutet Annehmen von dem, was ist. Alles was uns stört, verärgert und unglücklich macht, wird damit verwandelt. Unsere negativen Gedanken, unsere Gedanken an Schlechtes und Böses lösen sich auf, wenn wir die Menschen, Dinge und Ereignisse, so wie sie gegenwärtig sind, verständnisvoll akzeptieren können.

Wer wird dabei „hingegeben“? Natürlich unser „kleines Ich“ mit all seinen egozentrischen Gedanken, Wünschen und Problemen.

Das Dasein vieler Menschen ist geprägt von Begehren, Konflikten, Ärger, Ängsten und Sorgen. Dabei sind sie verstrickt in Erinnerungen an Vergangenes und in ihre Wünsche und Probleme ihre Zukunft betreffend. Durch ihre mangelnde Präsenz und ihr unnötiges Denken verstellen sich die Menschen die Sicht auf die stets gegenwärtige Weisheit, Schönheit, Liebe und Vollkommenheit des Seins.

Hingabe bedeutet loslassen vom zwanghaften Denken. Es bedeutet schlicht und einfach gegenwärtig zu sein.

In der totalen Präsenz gibt es keine Probleme. Das kannst du sofort überprüfen, indem du „jetzt“ einfach nur wahrnimmst was sich gegenwärtig in dir und um dich ereignet, ohne daran irgendwelche Gedanken zu knüpfen. Insbesondere unterlässt du dabei, deine Gedanken in die Vergangenheit oder in die Zukunft abschweifen zu lassen.

 

Unsere Gedanken beobachten

Wie gelingt es uns vom zwanghaften, meist negativen Denken loszulassen?

Durch Präsenz und Bejahen von dem was ist, beruhigen sich unsere Gedanken. Das verwirklichen wir am besten, wenn wir sie fortlaufend beobachten. Sie werden dadurch immer schwächer. Sie verlieren ihre magische Gewalt über unser Seelenleben. Deshalb ist es besonders hilfreich sich im Laufe des Tages immer wieder bewusst zu machen: „Was geht jetzt in mir vor? Welche Gedanken kreisen in meinem Gehirn? Welche Gefühle bewegen mich?

Veränderung geschieht nicht durch „Wollen“, insbesondere nicht durch „Besser-sein-Wollen“, sondern durch Achtsamkeit, Selbstbeobachtung und Hingabe an das Sein wie es sich gegenwärtig offenbart.

 

Innerer Widerstand

Das Gegenteil von Annehmen und Hingabe ist Widerstand gegen das Sein, wie es uns durch unsere Sinne und unser Denken erscheint. Widerstand bedeutet die Ablehnung von Menschen, wie sie sind. Es bedeutet Verurteilung von sich selbst und von anderen. Dieser Widerstand bewirkt Frust, Unlustgefühle, Groll, Ärger, Hass und Trennung. Er verhindert unsere Verbindung mit dem wahren Sein. Er verhindert die Entfaltung jener Liebe, die wir im Grunde unseres Wesens sind.

Jeder Widerstand spiegelt sich im Körper durch Anspannung, Verkrampfung, Unlustgefühle. Das wiederum hat negative Auswirkungen auf unsere seelische und physische Gesundheit. Beobachte daher nicht nur fortlaufend deine Gedanken, sondern insbesondere auch deine mit ihnen verbundenen Gefühle, wie diese von unserem Körper wieder gespiegelt werden. Beobachte achtsam wie sich Widerstand, Ärger und Unlustgefühle in dir regen und lass einfach los!

Wenn du das regelmäßig übst, verschwinden Traurig- und Unerfüllt-Sein und du wirst staunen über die gesteigerte Lebensfreude, die sich in dir einstellt.

 

Vom Umgang mit Ungeliebten

Unser Ego liebt es Menschen als sympathisch oder unsympathisch, als gut oder schlecht zu bewerten. Im Grunde sind alle Menschen so „wie Gott sie schuf“. Es gibt keine „besseren“ oder „schlechteren“ Menschen. So ist auch der Weise kein besserer Mensch, sondern nur ein bewussterer Mensch. Er erkennt die Göttlichkeit in allen Erscheinungen. Deshalb lebt er glückselig in Frieden und Harmonie mit sich und der Welt.

Auch der Weise erfährt wie jeder andere Mensch Angenehmes und Unangenehmes, Freude und Leid. Doch er „leistet dem Bösen gegenüber keinen Widerstand“ (siehe Mat 5/39). Er befindet sich im Einklang mit dem Fluss des Lebens, wie immer dieser vom Schicksal gestaltet wird. Er reagiert auf Unangenehmes, Unerfreuliches und Schmerzen nicht mit negativen Gefühlen, mit Frust, Verärgerung, Hass, Angst, innere Verkrampfung oder mit fieberhafter Auswegsuche.

Soweit Handlungen erforderlich sind, handelt er entsprechend seiner inneren Stimme, mit der er fortwährend verbunden ist. Er hängt dabei nicht an den Früchten seines Tuns – sondern überlässt die Folgen seines Tuns der Kraft und Weisheit des Universellen Bewusstseins.

 

Dein Wille geschehe

Dem Weisen ist bewusst, dass im erscheinenden Leben alles entsprechend der Energie des allumfassenden Seins geschieht. Jedes Atom, alle Sterne des Weltalls, alle Lebewesen, alle Erscheinungen sind auf wundersame göttliche Weise miteinander vernetzt und bestimmen sich gegenseitig.

Doch der sich vom Sein getrennt fühlende Ego-Mensch, lebt in der Illusion, durch sein Wollen und Handeln diese äußere Welt zu seinem Gunsten verändern zu können. Stattdessen gerät er durch sein Ego-Wollen und sein Ego-Streben nur in Konflikt mit sich selbst.

Hingegen wendet sich für uns alles zum Besten und wir erfahren in uns Zufriedenheit und anhaltendes Glücklich-Sein mit der inneren Einstellung: „Dein Wille geschehe!“

Um wessen Willen geht es dabei? Um das allumfassende Sein welches identisch ist mit unserem „Selbst“, mit der Gottheit in uns.

Bewahre daher die innere Einstellung: „Dein Wille geschehe!“ bei allem, dem du begegnest, bei allem was du unternimmst. Auf diese Weise verändert sich in wundersamer Weise dein Bezug zum Leben. Du trägst nicht mehr die Last des Schicksals. Du wirst freier, gelöster und glücklicher sein.

Diese Hingabe an den Willen des universalen Bewusstseins führt nicht zu Passivität, sondern zu Kreativität und Lebensfreude. Gib daher stets dein Bestes und überlasse was darauf folgt der göttlichen Kraft, die alles in Liebe und Vollkommenheit lenkt und gestaltet. So gelangst du zu innerer Harmonie und innerem Frieden.

 

Identifikation

Der „normale“ Mensch weiß nicht wer er ist. Meist unbewusst, identifiziert er sich mit seinem Körper, seinen Gedanken, seinen Besitztümern, mit seinen Beziehungen und so fort. Das führt zwangsläufig zu Unglücklich-Sein. So kann beispielsweise niemand dem Altern, Krankheit und Tod entkommen. Wer sich dabei mit seinem Körper identifiziert, wird darunter früher oder später leiden müssen.

 

Die Wonne nichts zu sein

Unsere unvergängliche Realität ist jenseits von allem Wahrnehmbaren. Sie ist das „Nichts und Alles“. Sie ist die Stille aus der alle Erscheinungen kommen und in die sie wieder zurückkehren. Tauche ein in diese Stille! Spüre sie! – „Jetzt“!

Die Vereinigung mit dem „Selbst“, mit dem höchsten Sein ereignet sich automatisch durch „Nicht-Denken“, „Nichts-Wollen“, durch „Nicht-Identifikation“, durch „Nichts-Sein“.

Werde in diesem Sinne zum „Nicht-Ich“ und du erreichst Befreiung von allen Problemen, Ängsten und Sorgen.

 

Wo findet sich das Glück?

 

Die Menschen sind um ihr eigenes Glück besorgt, und ich sage ihnen, dass es so etwas nicht gibt. Glück gehört niemanden. Glück ist dort, wo es kein „Ich“ gibt.

Nisargadatta Maharay

 

Im „Nicht-Ich“, im „Nur-Sein“ – in der Stille unseres Herzens ist unser Glücklich-Sein verborgen.

In der Stille dieses Nichts-Sein kehrt der „verlorene Sohn“ zurück in sein „Vaterhaus“.

„Nichts-Sein“ bedeutet alle Identifikationen mit unserem Körper, unseren Gedanken und Gefühlen, mit Dingen und Personen in unserem Umfeld zu beenden.

Unser wahres Sein ist jenseits aller Identifikation, aller Definitionen, aller Beschreibungen, aller Begrenzungen.

Geh immer wieder in die Stille und du wirst Eins mit dem „Nicht-Ich“, mit der unendlichen Weite des Seins.

Dabei stirbt dein Ego und dein wahres Ich feiert Auferstehung.

 

Wenn wir sodann nach einer Periode der Stille wieder in unseren Alltag eintauchen, hat sich die Welt für uns verändert. Wir erblicken sie mit „neuen Augen“. Sie ist nicht mehr belastet von Vergangenheit und Zukunft, von Sorgen und Ängsten. Sie ist reines, glückseliges Sein.

 

Herzliche Grüße

Bernd