Essay-Brief Juli 2014  

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Die Essenz der Bhagavad Gita (Teil VIII.) - Leben und Tod

© Bernd Helge Fritsch

 

Verwiesen sei vorerst auf die bisherigen sieben Essay-Briefe zur "Essenz der Bhagavad-Gita", die schon veröffentlicht wurden. Unter www.berndhelgefritsch.com kannst du sie nachlesen und kostenlos kopieren bzw. herunterladen.

 

Leben und Tod

Im ersten Kapitel der Bhagavad-Gita wird geschildert wie Ardjuna, der Königs-sohn, unmittelbar vor dem Beginn der Schlacht auf dem Kuru-Felde, angesichts der zu erwartenden Folgen der kriegerischen Auseinandersetzung seine Verzweif-lung zum Ausdruck bringt.

Diese Schilderung des Geschehens vor der Schlacht diente zum einen dazu die Gita in das große Helden-Epos Mahabharata einzugliedern und andererseits als idealen Anknüpfungspunkt um dem Hörer und Leser die Philosophie der Gita zum Thema "Leben und Tod" auseinander zu setzen.

Der für alle Lebewesen sichere Tod ist bestens geeignet uns anregen, sich mit dem Sinn des Vergänglichen und Unvergänglichen zu befassen.

Werden und Vergehen sind EINS

Zum Leben gehört der Tod, wie zum Tod das Leben. Werden und Vergehen bilden eine untrennbare Einheit. Unwissend hängt der Mensch sorgenvoll am Leben und fürchtet den Tod. Doch spiritueller Fortschritt, Befreiung von allen Problemen und Nöten, die das Schauspiel der dualen Denkweise hervorruft, kann nur erlangt werden, wenn wir das Spiel von Leben und Tod durchschauen. Dazu finden wir wunderbare Anleitungen in den Versen des zweiten Kapitels der Gita. Es ist kaum nötig diesen eine Erklärung hinzuzufügen.

Lassen wir daher Krishna, den göttlichen Geist, aus dem alles hervorgeht, der alles durchdringt zu uns sprechen:

Du beklagst, was nicht zu beklagen ist:

2: 11-13 (Krishna zu Ardjuna:) Du beklagst, was nicht zu beklagen ist und glaubst kluge Worte von dir zu geben. Doch die Weisen jammern weder wegen der Lebenden noch wegen der Toten.

Niemals hat es eine Zeit gegeben, wo du und ich und die hier versammelten Könige nicht existiert haben, noch wird es je eine Zeit geben, wo wir aufhören zu existieren.

Wie dieselbe Wesenheit durch Kindheit, Jugend und Alter hindurch den Körper bewohnt, so wird sie auch nach dem Tod einen anderen Körper bewohnen. Die Weisen lassen sich durch solche Veränderungen nicht beirren.

2: 22 So wie einer unbrauchbare Kleider ablegt und neue erwirbt, wird, wenn der Körper nicht mehr taugt, vom Selbst ein neuer erworben.

2: 27 Der Tod ist unausweichlich für die Geborenen; die Geburt ist unaus-weichlich für die Toten... Was gibt es da zu jammern?   

 

Nach altindischer und buddhistischer Überzeugung sucht sich die Seele nach dem Ableben des alten Körpers einen neuen um mit seiner Hilfe ihre spirituelle Entwicklung fortzusetzen. Dieser Vorgang wiederholt sich durch viele Inkarnatio-nen. Die Seele des Menschen ist in diesen Kreislauf von Werden und Vergehen (Sanskrit samsara) solange eingebunden, bis sie mit Bewusstheit die Rückkehr zu ihrem göttlichen Ursprung (Atman/Brahman) vollzieht.

So selbstverständlich die Überzeugung von der mehrmaligen Reinkarnation der Seele für Hinduisten und Buddhisten ist, so klar wird diese Vorstellung von den heutigen christlichen Kirchen abgelehnt. Allerdings war die Idee der Wiederver-körperung im frühen Christentum, beeinflusst von den Lehren altgriechischer Philosophen wie Empedokles und Platon stark verbreitet.

Was vergänglich ist, hat keine Wirklichkeit. Das Wesentliche hört niemals auf zu sein!

2: 16-18 Was vergänglich ist, hat keine Wirklichkeit. Das Wirkliche hört niemals auf zu sein. Wer diese beiden zu unterscheiden vermag, hat Weisheit erlangt...

Erkenne dass, das, was den Körper durchdringt, unzerstörbar ist. Keine Macht kann diese unveränderliche, unvergängliche Wirklichkeit zerstören. Der Körper ist sterblich, doch unfassbar und unvergänglich ist das, was den Körper bewohnt...

 

Unvergänglich ist die göttliche Bewusstheit (Brahman), aus der alles Sein hervor-gegangen ist. Sie wird gern als grenzenlose allumfassende Liebe, Weisheit, und Glückseligkeit beschrieben. Der Wesenskern (Atman) eines jeden Menschen bildet innerhalb des universellen Bewusstseins ein eigenes unvergängliches schöpferi-sches Zentrum von Bewusstheit. Dieses Zentrum wurde im alten Indien Atman genannt und als "sat, chit, ananda" (Sein, Bewusstheit und Glückseligkeit) bezeichnet.

"Jetzt" die Gedanken beobachten und von ihnen frei werden!

Damit diese Schilderungen der universellen und individuellen Bewusstheit für dich nicht gedankliche Konzepte bleiben, brauchst du dich nur von deinen Gedanken, die vorwiegend um die Vergangenheit und Zukunft kreisen, zu befrei-en. Diese Gedanken sind es, die dich begrenzen und einengen. Beobachte sie und lasse sie los. Verweile "JETZT" (nicht irgendwann in der Zukunft) in der totalen Präsenz, in der reinen Wahrnehmung (ohne Analyse, ohne Beurteilung, ohne Benennung, ohne Erwartungen und Wollen, frei von allen gedanklichen Vorstel-lungen). Vielleicht wird dir dies anfangs schwer fallen, weil jahrtausend alte Gewohnheiten im Wege stehen. Bleib einfach dran und du wirst immer tiefer in die lebendige Stille, in das was du bist, in das aus Liebe, Weisheit und Glückse-ligkeit bestehende, unvergängliche Sein eindringen.

Die Beobachtung der mentalen Vorgänge (Denken, Fühlen, Wollen) in uns, hat eine ganz besondere Bedeutung. Durch sie gewinnen wir Abstand von den meist zwanghaft in uns kreisenden Gedanken. Wir identifizieren uns nicht mehr mit ihnen. Wenn wir friedvoll und stille genug sind, wenn wir vom Denken immer mehr loslassen, erwacht in uns eine höhere Bewusstseinsstufe. Es offenbart sich unser transzendenter Wesenskern, der Raum jenseits der Gedanken, der Raum in dem alles was wir wahrnehmen, denken und fühlen erscheint.

Du wurdest niemals geboren und wirst niemals sterben!

2: 20-21 Du wurdest niemals geboren und wirst niemals sterben. Das, was du wirklich bist, hört nimmer auf zu sein. Ungeboren, ewig, unwandelbar, stirbst du nicht, wenn auch dein Körper vergeht.

 

Was du wirklich bist wird nicht geboren und kann nicht sterben. Lerne dich von der Identifikation mit einem Körper zu befreien. So wie du dein Haus, dein Auto besitzen und benützen darfst, so steht dir dein Körper auf deiner Lebensreise zur Verfügung. Doch so wie du nicht dein Haus oder Auto bist, so bist du auch nicht dein Körper.

Für eine "gewisse Zeit" bewusst gedankenfrei zu werden, fällt dem Menschen deshalb so schwer, weil er sich gewöhnlich mit seinem Körper und seinem Mind identifiziert. Das Ringelspiel seiner Gedanken wird von seinen Wünschen und Sorgen betreffend die Zukunft und von den Erinnerungen an die Vergangenheit, wie von einem rastlosen Motor angetrieben. Zu ca. 90% sind alle Gedanken an die Vergangenheit und Zukunft überflüssig und belastend. Sie sind die Hauptur-sache von seelischen und körperlichen Erkrankungen.

Als Vorstufe zur Gedankenfreiheit ist es daher wichtig, sich seiner gegenwärtigen Gedanken immer wieder bewusst zu werden, sich nicht mit ihnen zu identifizie-ren und ihnen nicht alles zu glauben was sie uns vorgaukeln.

Die eigenen Gefühle und Gedanken zu beobachten macht uns frei von ihnen, entzieht ihnen ihre magische Kraft, schenkt uns Gegenwärtigkeit (d.h. "Zeitlosigkeit") und Bewusstheit.

Das Ziel aller Ziele

Die Erlösung vom zwanghaften Denken und die dadurch ermöglichte Heimkehr zu unserem Wesenskern ist "das Ziel aller Ziele". Unser Leben in der erscheinen-den Welt mit ihren dualen Herausforderungen, die mit Freude und Leid verbun-den sind, ist das ideale Feld dafür jene Seelenkräfte zu entwickeln, die unsere Heimkehr ermöglichen. Alle äußeren Aufgaben haben daneben nur eine zweitran-gige Bedeutung.

Es ist unnötig um äußere Veränderungen zu kämpfen, denn unser Schicksal ist ohnedies in göttlicher Weise vorherbestimmt. "Das Schicksal macht keine Fehler!" - sondern unterstützt uns durch erfreuliche und unerfreuliche Erfahrungen mit unvorstellbarer Weisheit auf unserem Entwicklungsweg.

Deine Freiheit und wichtigste Aufgabe in deinem Erdenleben besteht darin, dich von der mehr oder weniger von Gedankenmustern und Trieben bestimmten Bewusstseinsstufe zu bewusstem Denken, Fühlen, Handeln und Sein zu erheben.

Verändere dein Bewusstsein! Erwache aus dem Traum der zwanghaften Gedan-ken und alle Probleme, alles Karma wird sich auflösen. So sind die Worte im Evangelium zu verstehen:

Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit (d.h. werdet euch eures göttlichen Wesenskerns und seiner Liebe, Weisheit und Glückseligkeit bewusst) und alles andere wird euch hinzugegeben. (Mt. 6,33)

Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch. (Lk 17,21)

 

Mit herzlichem Gruß

Bernd

 

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